Champions League | Gruppe C: Real Madrid und Napoli als harte Brocken bei der Union-Premiere

14. September 2023 | Spotlight | BY Steven Busch

Am 19. September startet die neue Saison in der UEFA Champions League. 32 Teams nehmen teil, das Ziel ist das Endspiel im Wembley Stadium. Die Auslosung ergab einige interessante Konstellationen. Bei dessen Königsklassen-Premiere erwarten den 1. FC Union Berlin in Gruppe C mit der SSC Napoli, Real Madrid und dem portugiesischen Vertreter Sporting Braga zugleich interessante wie qualitativ hochkarätige Kontrahenten.

Champions League: Der Spielplan der Gruppe C

Spieltag 1: Real Madrid vs. 1. FC Union Berlin (Mi, 20.9., 18.45 Uhr); Sporting Braga vs. SSC Neapel (Mi, 20.9., 21:00 Uhr)

Spieltag 2: 1.FC Union Berlin vs. Sporting Braga (Di, 3.10., 18:45 Uhr); SSC Neapel vs. Real Madrid (Di, 3.10., 21:00 Uhr)

Spieltag 3: Sporting Braga vs. Real Madrid (Di, 24.10., 21:00 Uhr); 1. FC Union Berlin vs. SSC Neapel (Di, 24.10., 21:00)

Spieltag 4: SSC Neapel vs. 1. FC Union Berlin (Mi, 8.11., 18:45 Uhr); Real Madrid vs. Sporting Braga (Mi, 8.11., 21:00 Uhr)

Spieltag 5: Sporting Braga vs. 1. FC Union Berlin (Mi, 29.11., 21:00 Uhr); Real Madrid vs. SSC Neapel (Mi, 29.11., 21:00 Uhr)

Spieltag 6: SSC Neapel vs. Sporting Braga (Di, 12.12., 21:00 Uhr); 1. FC Union Berlin vs. Real Madrid (Di, 12.12., 21:00 Uhr)

SSC Napoli: Sorgen „Kvaradona“ und Co. in der Champions League wieder für Furore?

Die SSC Napoli darf ohne Umschweife als eine DER positiven Überraschungen der vergangenen Saison deklariert werden. Als logische Konsequenz durften sich die „Partenopei“-Tifosi über den ersten Scudetto seit 33 Jahren freuen. Auch in der UEFA Champions League sorgte der 1904 gegründete Verein für Furore – exemplarisch dafür steht ein berauschender 4:1-Erfolg über den FC Liverpool zum Start der Gruppenphase – und musste erst im Viertelfinale gegen die AC Milan denkbar knapp die Segel streichen. Das Team des neuen Cheftrainers Rudi Garcia, welcher Erfolgscoach Luciano Spalletti (seit kurzem Italiens Nationaltrainer) ablöste, überzeugt im präferierten 4-3-3-System durch eine attraktive Spielkultur sowie mannschaftliche Geschlossenheit.

Sowohl in puncto Offensive (77 Tore) als auch in der Defensive (28 Gegentreffer) stellten die „Gli Azzurri“ den besten Wert der abgelaufenen Serie-A-Runde. Eine beispielhafte Entwicklung nahm in diesem Zeitraum der Georgier Khvicha Kvaratskhelia, der von den Fans liebevoll „Kvaradona“, als Reminiszenz an Klub-Legende Diego Armando Maradona, gerufen wird. Mit seiner nonchalanten Art sorgt der begnadete Dribbler für die Wow-Effekte im Ensemble der Neapolitaner, auch wenn er sich zuletzt weniger effektiv zeigte. Im Sturm verwertet dann der bullige Mittelstürmer Victor Osimhen die Zuspiele.

(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

Der ehemalige Wolfsburger, welcher in der Spielzeit 2022/23 wettbewerbsübergreifend 31 Treffer in 39 Partien erzielte, gilt als einer der aufstrebendsten Angreifer in Europas Topligen und wird bereits mit diversen Fußball-Schwergewichten in Verbindung gebracht. Auch ein Wechsel in die Saudi Pro League wurde bis zuletzt diskutiert, doch der exzentrische Vereinsboss Aurelio De Laurentiis ließ medienwirksamen verlautbaren, dass für die offerierten 200 Millionen Euro maximal ein Bein des Angreifers abzugeben sei.

Der Kader der Società Sportiva Calcio Napoli blieb in dessen Grundstruktur, mit Ausnahme des Abwehrchefs Min-jae Kim (zum FC Bayern), beisammen und wurde durch einige talentierte Ergänzungsspieler wie Natan, Giacomo Raspadori oder den Ex-Frankfurter Jesper Lindstrøm punktuell ergänzt. Generell verzichtet der Klub aus der süditalienischen Region Kampanien auf große Namen und setzt stattdessen zumeist eher auf entwicklungsfähige Akteure aus der U23-Kategorie.



Real Madrid: „Zizou“ Bellingham und die Suche nach einer Benzema-Kopie beim Champions-League-Rekordsieger

Infolge seines 103 Millionen Euro schweren Transfers von Borussia Dortmund zu Real Madrid wurde Jude Bellingham mit der magischen Rückennummer 5, welche einst der geniale Virtuose Zinédine Zidane bei den Königlichen trug, die größtmögliche Anerkennung und zugleich Bürde auferlegt. Doch der 20-jährige Engländer offenbarte ab Tag eins, dass der Rekordsieger der UEFA Champions League (14 Titel) mit dieser Personalie gleichermaßen Gegenwart wie Zukunft verpflichtet hat. In bislang vier La-Liga-Einsätzen erzielte der zentrale Mittelfeldakteur sagenhafte fünf Treffer und avancierte bereits mehrfach zum Matchwinner.

Neben dem erwähnten Bellingham belegen die Wechsel der Youngster Arda Güler sowie Fran Garcia, dass der Umbruch respektive Generationswechsel bei den „Blancos“ im vollen Gange ist. Während der vergangenen Saison, in der Real Madrid mit 75 Toren die beste Offensive der Liga stellte, musste der Klub aus der spanischen Landeshauptstadt dem ungeliebten Erzrivalen FC Barcelona den Vorrang in der nationalen Meisterschaft lassen. Auf europäischem Parkett war im Halbfinale gegen den späteren Sieger Manchester City Endstation.

(Photo by THOMAS COEX/AFP via Getty Images)

Für den erfahrenen Cheftrainer Carlo Ancelotti obliegt die Aufgabe darin, das spielstarke Gefüge – 90 Prozent angekommene Pässe waren vergangene Saison Bestwert im spanischen Oberhaus – neu zu ordnen, insbesondere da mit Top-Torjäger Karim Benzema ein zentraler Anker der „Merengues“ den Verein Richtung Saudi-Arabien (Al-Ittihad) verlassen hat. Die wettbewerbsübergreifenden 31 Treffer des 35-jährigen Franzosen müssen fortan auf mehrere Schultern verteilt werden. Vornehmlich soll dies über die brasilianischen Flügelflitzer Vinicius Junior sowie Rodrygo funktionieren.

Mit dem Ex-Bundesligaprofi Joselu – kam per Leihe von Espanyol Barcelona – steht nur ein klassischer Mittelstürmer im Aufgebot des amtierenden spanischen Pokalsiegers. Rund um das Estadio Santiago Bernabéu kursieren seit vielen Monaten Gerüchte um eine Verpflichtung des PSG-Superstars Kylian Mbappé, doch bislang verliefen alle Annäherungsversuche letztendlich im Sande. Somit bleibt es abzuwarten, ob der quantitativ dünn besetzte Kader den Tanz auf verschiedenen Hochzeiten erfolgreich bewerkstelligt.

Sporting Braga: Portugiesische Offensivpower garniert mit viel Erfahrung beim Champions-League-Comeback

Viele assoziieren Sporting Braga zuvorderst mit dem eindrucksvollen Estádio Municipal de Braga, dessen Tribünen in einen imposanten Granitfelsen eingelassen sind. Doch auch im sportlichen Kerngeschäft ist der Klub aus der nordportugiesischen Subregion Cávado in die Phalanx der großen Namen des Landes – FC Porto sowie die beiden Lissabonner Stadtrivalen Benfica und Sporting – eingebrochen. In der Saison 2022/23 belegte der 1921 gegründete Verein den dritten Rang der nationalen Beletage des Fußballs und erreichte über den Umweg zweier Qualifikationsrunden erstmals seit 2012/13 die UEFA Champions League.

(Photo by Octavio Passos/Getty Images)

Das Team des 51-jährigen Trainers Artur Jorge, welches zumeist in einer Melange aus 4-2-3-1- und 4-4-2-System agiert, praktiziert einen attraktiven, offensiven Ansatz. Folgerichtig stellten die „Arsenalistas“ mit 75 Treffern die zweitbeste Angriffsreihe der heimischen Liga Portugal. Die Spitzenposition nimmt der SC Braga, bereits vergangene Spielzeit in der Europa League gegen Gruppengegner 1. FC Union Berlin aktiv, gar in der Kategorie „Schüsse auf das gegnerische Tor“ (6,6 pro 90 Minuten) ein.

Um der anspruchsvollen Königsklassen-Herausforderung gewachsen zu sein, wurde dem talentierten Ensemble um Kapitän respektive Top-Torjäger Ricardo Horta durch Akteure wie João Moutinho, José Fonte sowie den Ex-Bundesligaprofis Bruma und Rodrigo Zalazar (kam für fünf Millionen Euro vom FC Schalke 04) sehr viel Erfahrung implementiert. Sollten die Portugiesen überraschend das Achtelfinale des elitären europäischen Wettbewerbs erreichen, wäre dies zugleich eine Premiere.

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1. FC Union Berlin: „Magische Nächte“ beim Champions-League-Debüt der „Eisernen“?

Hätte während der Saison 2018/19 – damals spielte der 1. FC Union Berlin noch in der 2. Bundesliga – jemand die These aufgestellt, die „Eisernen“ würden vier Jahre später mit dem italienischen Europameister Leonardo Bonucci in der UEFA Champions League bei Real Madrid antreten, wäre diese Person wohl selbst von den kühnsten OptimistInnen belächelt worden. Doch was damals utopisch erschien, ist mittlerweile Realität. Der DDR-Pokalsieger von 1968 wird sich 2023/24 auf bislang fremden Terrain mit den fußballerischen Schwergewichten dieses Kontinents messen.

Nach der Gruppenauslosung kommentierte Mittelfeldstratege Rani Khedira das Resultat mit folgenden Worten:

Ich bin sehr zufrieden. Ich glaube es ist eine sehr attraktive Gruppe. Wir können uns auf magische Nächte freuen.

Für ebenjene „magischen Nächte“ wird der 1. FC Union Berlin aus organisatorischen Gründen von der Alten Försterei ins 74.000 ZuschauerInnen fassende Olympiastadion – eigentlich Heimspielstätte des Stadtrivalen Hertha BSC – umziehen. Diese in Fankreisen kritisch beäugte Entscheidung versuchte Vereinspräsident Dirk Zingler vor wenigen Wochen zu erläutern:

Ich verstehe die Enttäuschung derer, die sich Champions-League-Spiele im Stadion An der Alten Försterei gewünscht und dafür sogar auf ein eigenes Ticket verzichtet hätten. Im Kern haben wir mit unserer Entscheidung die Möglichkeit, allen Unionern Karten für diese Spiele anbieten zu können, über die Möglichkeit gestellt, diese Spiele vor einer eher kleinen Gruppe von Unionern an der Alten Försterei auszutragen.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Dass mannschaftliche Geschlossenheit sowie defensive Ordnung bei den „Köpenickern“ Priorität genießen, dokumentieren lediglich 38 Gegentreffer in der abgelaufenen Bundesliga-Saison (Bestwert gemeinsam mit Meister FC Bayern München). Wer hingegen mitreißenden Harakiri-Stil mit Abschlusssituationen im Minutentakt oder etwa pure Ballbesitz-Dominanz à la Manchester City erwartet, wird eher enttäuscht werden. In beiden Kategorien findet sich Union im unteren statistischen Segment der Beletage des deutschen Fußballs wieder.

Der 57-jährige Schweizer Erfolgstrainer Urs Fischer, seit 2018 im Amt, hat klare Vorstellungen an sein Team und sich in den letzten Jahren ein starkes Korsett geschaffen. Des Weiteren gelingt es dem sympathischen Eidgenossen in bemerkenswerter Regelmäßigkeit, seine Profis individuell weiterzuentwickeln. Symptomatisch dafür sei Angreifer Kevin Behrens genannt, der es vom soliden Zweitligakicker in den Dunstkreis der deutschen Nationalmannschaft geschafft hat.

Die „Eisernen“ haben im Transfersommer durchaus klangvolle Namen – Robin Gosens (Inter), David Datro Fofana (Chelsea-Leihe), Brenden Aaronson (Leeds-Leihe) sowie eingangs erwähnten Bonucci (Juventus) – verpflichtet, doch alle Protagonisten verkörpern keinerlei Starallüren, sondern fungieren jeweils lediglich als ein weiteres Rädchen im leistungsstarken Union-Motor.

 



Champions League: Prognose zur Gruppe C

Beim Blick auf die vier Kontrahenten in der Champions League Gruppe C sind Königsklassen-Rekordsieger Real Madrid und der amtierende Serie-A-Meister SSC Napoli ohne Zweifel die Favoriten auf den Achtelfinaleinzug. Sollte es der 1. FC Union Berlin bei dessen Premiere in diesem elitären Kreis tatsächlich bewältigen, für einige der anvisierten „magischen Nächte“ zu sorgen, dann könnten die „Eisernen“ eventuell die große Sensation schaffen. Allerdings wird der Bundesliga-Teilnehmer mutmaßlich auch das sprichwörtliche Lehrgeld gegen die erfahrenen Gegner bezahlen. Mit dem portugiesischen Vertreter Sporting Braga komplettiert ein technisch versierter Prüfstein, welcher sich zumindest ein Überwintern in der UEFA Europa League erhofft, das Quartett.

(Photo by NICOLAS TUCAT/AFP via Getty Images)

Steven Busch

Die Außenristpässe eines Tomás Rosicky entfachten seinen Enthusiasmus für den Fußball und die Affinität zu den schwarzgelben Borussen aus dem Ruhrgebiet. WM-Held Mario Götze brach ihm mit dem Wechsel in den Süden der Republik einst sein Fanherz und der Glaube an die Fußballromantik schwand.


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