Young Boys vs. Bayer Leverkusen: Pflichtaufgabe oder böses Erwachen?

18. Februar 2021 | Weiteres | BY Manuel Behlert

Vorschau | Nach einer starken Gruppenphase bekommt es Bayer 04 Leverkusen in der ersten K.O.-Runde der Europa League mit den Young Boys aus der Schweiz zu tun. Im Hinspiel in der Schweiz geht es um eine gute Ausgangslage für das Rückspiel. 

Anpfiff der Partie ist am Donnerstag, 18:55 Uhr, Live auf DAZN (Registriere dich jetzt auf DAZN und erhalte einen Gratismonat).

  • Young Boys: Der neue Branchenprimus in der Schweiz
  • Bayer Leverkusen ist gewarnt
  • Setzt sich die offensivstarke Werkself durch?

Vor der Partie zwischen den Young Boys und Bayer 04 haben wir uns außerdem die Expertise von Alain Kunz, Redakteur beim Schweizer Blick und Experte für den heutigen Gegner der Werkself, eingeholt.

Young Boys: Das neue Aushängeschild der Schweiz

Über 30 Jahre mussten die Young Boys auf einen Titel in der Schweizer Liga warten, ehe zuletzt gleich drei Meisterschaften in Folge gewonnen werden konnten. Der FC Basel ist nicht mehr das Aushängeschild im Schweizer Fußball, der Klub aus der Hauptstadt ist der neue Branchenprimus. Verantwortlich dafür sind die Entwicklung der letzten Jahre, eine klare Strategie und ein glückliches Händchen bei der Zusammenstellung des Kaders. Auch in der laufenden Saison ist die Mannschaft von Trainer Gerardo Seoane (42), der seit 2018 im Amt ist, das Maß aller Dinge, verloren seit Mitte Dezember kein Ligaspiel mehr.

(Photo by ARND WIEGMANN/POOL/AFP via Getty Images)

Der Weg durch die Gruppenphase in der Europa League war steinig und begann mit einer Niederlage zuhause gegen die Roma. Beim 1:2 hielten die Young Boys zwar gut mit, mussten sich am Ende aber geschlagen geben. Nach einem 1:1 gegen den CFR Cluj sorgten zwei Siege ohne Gegentor gegen ZSKA Sofia (3:0, 1:0) für eine deutliche Verbesserung der Lage. Auch in Rom verlor die Seoane-Elf (1:3), ein Sieg gegen Cluj sorgte schließlich aber für den Einzug in die K.O.-Runde. Hier rechnet sich der Klub aus Bern nun einiges aus. Denn zu verlieren haben die Young Boys im Gegensatz zu Leverkusen wenig. 

„Die Spieler werden gezielt nach ihrem Charakter ausgesucht, der fast ebenso wichtig für ein Engagement ist wie das fussballerische Talent. So herrscht in der Mannschaft immer eine Positivität, die niemand durchbrechen kann. So gibt es kaum  „Geschichten“ außerhalb des Fussballs, geschweige denn Skandale. Und die Mischung zwischen Routiniers und Jungen stimmt. Immer standen da zwei, drei Leitwölfe dem Team voran. Primus inter pares ist im Moment Fabian Lustenberger, und dies völlig unbestritten. Und dann ist da eine brutale Ausgeglichenheit. Was andernorts zu Futterneid führt, weil die halbe Mannschaft jeweils nicht spielt oder gar auf der Tribüne sitzt, wird von YB meisterhaft gehandhabt“, schätzt Experte Alain Kunz die Stärken der Mannschaft ein.

Qualität in allen Mannschaftsteilen, Torjäger im Fokus

Die große Homogenität in der Zusammenstellung wird beim detaillierten Blick auf den Kader der Young Boys deutlich. Das Durchschnittsalter liegt bei 25 Jahren, erfahrene Spieler führen die Mannschaft. Dazu gehört neben Fabian Lustenberger (32) auch ein Miralem Sulejmani (32) oder ein Christian Fassnacht (27). Gleichzeitig drängen junge Talente wie Fabian Rieder (19) oder Felix Mambimbi (20) in die Mannschaft und wollen sich beweisen. Die Jugendarbeit ist gut, die Einbindung der talentierten Spieler funktioniert auch aufgrund der gegenwärtigen Ausnahmestellung im Schweizer Fußball sehr gut. 

Im Mittelpunkt stehen natürlich die beiden herausragenden Stürmer. Jean-Pierre Nsame (27) steht in 25 Spielen schon bei 18 Toren und sechs Vorlagen. Seine Sperre ist ein harter Schlag für die Young Boys. Dadurch steht allerdings Jordan Siebatcheu (24) noch mehr im Fokus. Der 1,90m große Angreifer besticht durch seine beeindruckende Physis, hat immerhin zehn Torbeteiligungen auf dem Konto. Wenig überraschend ist er im Kopfballspiel sehr stark, kann seine Mitspieler in Szene setzen und Bälle festmachen. 

(Photo by FABRICE COFFRINI/AFP via Getty Images)

Generell spielt die Seoane-Elf einen technisch sauberen Fußball. Aus der Defensive heraus wird viel Wert auf einen kontrollierten Aufbau gelegt. Zudem schieben die Außenspieler in der Offensive permanent an. Neben dem bereits erwähnten Fassnacht ist vor allem Nicolas Moumi Ngamaleu (26) zu erwähnen. Er initiiert viele Angriffe, geht gerne in 1-gegen-1-Duelle und versucht die Stürmer mit Hereingaben zu bedienen. Auf ihn muss die Werkself besonders aufpassen.

Die Ausrichtung ist indes klar, vor allem im heimischen Stadion werden die Schweizer engagiert zu Werke gehen. „Zuhause wird YB ohne viel Rücksicht auf grosse Verluste versuchen das Zepter in die Hand zu nehmen. Das war gegen Manchester United, Juventus Turin, Valencia, die AS Roma so. Denn die Berner wissen: Auf ihrem Kunstrasen sind sie fast unschlagbar. Diese Saison: eine Niederlage gegen Servette Genf. Letzte Saison: eine einzige Niederlage gegen das grosse Porto. Und in der CL gewann auch nur Manchester United hier. Auswärts aber wird YB sicher eine defensivere Grundhaltung an den Tag legen, auch aufstellungstechnisch“, sagte uns Alain Kunz.

Bayer Leverkusen Die Balance ist entscheidend

Bayer Leverkusen erlebte vor allem im ersten Teil der Saison viele Höhen, zuletzt gab es aber auch einige Tiefen. Die Konstanz ging verloren, Trainer Peter Bosz (57) ist immer häufiger unzufrieden mit dem Spiel seiner Mannschaft. Spiele wie das 2:2 gegen Mainz 05, bei dem man am Wochenende eine 2:0-Führung aus der Hand gab, häufen sich. In der Europa League verfolgt die Werkself große Ziele, die Young Boys sollen nur eine Durchgangsstation sein. Im Moment ist die Rollenverteilung allerdings nicht so klar, wie sie laut dem Selbstverständnis der Leverkusener sein müsste.

Die Sicherheit im Spiel mit dem Ball ist weg, hinzu kommen unerklärliche Aussetzer im Defensivbereich. Leverkusen kann einen Gegner dominieren, auch in der aktuellen Phase, aber zehn schwache Minuten können gute Ansätze schnell wieder zunichte machen. Für das Spiel in der Europa League in Bern wird es vor allem wichtig sein, eine gute Balance auf dem Feld herzustellen. Die Young Boys müssen beschäftigt werden, gleichzeitig ist es relevant, die Angriffe des Gegners zu kontrollieren und nicht zu viel zuzulassen.

Devise für die Bosz-Elf: Auswärtstor und nicht verlieren

Leverkusen-Trainer Bosz wirkte zuletzt fast schon genervt, dass es seiner Mannschaft nicht mehr gelingt, die Konstanz der ersten Monate der Saison an den Tag zu legen. Immerhin haben die Neuzugänge einen positiven Einfluss. Demarai Gray (24) belebt die Offensive, Timothy Fosu-Mensah (23) spielte zuletzt als Rechtsverteidiger einen ordentlichen Part und auch Jeremie Frimpong (20) akklimatisiert sich sukzessive in Leverkusen. Mehr Möglichkeiten bedeuten auch, dass es leichter wird, eine frische und ausgeruhte Mannschaft auf das Feld zu schicken.

Fernab der Problemchen, mit denen sich die Werkself derzeit herumplagt, bleibt zu konstatieren, dass die Qualität im Team enorm hoch ist. Moussa Diaby (21) ist ein sehr schneller, dribbelstarker Flügelspieler, der, vor allem wenn er Räume erhält, viel Gefahr erzeugen kann. Im Fokus steht natürlich auch Florian Wirtz (17). Der Youngster ist schon jetzt ein absoluter Schlüsselspieler bei Bayer Leverkusen. 25 Spiele, sieben Tore und sechs Vorlagen zeigen auch statistisch, wie stark Wirtz in dieser Saison spielt. Sein Einfluss ist aber auch abseits der reinen Zahlen zu erkennen. 

(Photo by MARIUS BECKER/POOL/AFP via Getty Images)

Der 17-Jährige spielt enorm geradlinig und versucht, den Ball schnell, präzise und für das Angriffsspiel gewinnbringend weiterzuspielen. Die hohe Konstanz lässt sich auch mit einer gewissen Unbekümmertheit erklären, selbst in den schwächeren Partien der Werkself war Wirtz ein Faktor. Ihn adäquat einzusetzen wird für Leverkusen sehr wichtig sein. Das Ziel für das Hinspiel in der Schweiz ist indes klar. Eine Niederlage ist zu vermeiden, zudem sollte ein Auswärtstor für die Werkself herausspringen. Die Qualität dafür ist in jedem Fall vorhanden.

Prognose des Experten (aus Sicht der Young Boys)

Es wird schwierig. Denn wenn Bayer mal ins Rollen kommt wie gegen den VfB, haben es selbst die Bayern schwer. Aber: Leverkusen ist gegen RW Essen ausgeschieden. Das macht Mut!

Personal

Auf der Pressekonferenz der Young Boys klärte Trainer Seoane auf, dass neben den gesperrten Nsame und Mohamed Camara (23) auch Esteban Petignat (20) und Christopher Martins (23) verletzungsbedingt nicht zur Verfügung stehen. Vincent Sierro (25) befindet sich derweil noch im Aufbautraining.

Auch Bayer Leverkusen hat einige Verletzungssorgen. Santiago Arias (29), Lars Bender (31), Mitchell Weiser (26), Lukas Hradecky (31), Julian Baumgartlinger (33), Karim Bellarabi (30) und Paulinho (20) können nicht mitwirken. 

Mögliche Aufstellungen:

Young Boys: von Ballmoos – Hefti, Lustenberger, Zesiger, Lefort – Aebischer, Lauper, Fassnacht, Ngamaleu – Elia, Siebatcheu

Bayer Leverkusen: Lomb – Fosu-Mensah, Tapsoba, Dragovic, Sinkgraven – Aranguiz, Demirbay, Wirtz, Diaby, Bailey (Gray) – Schick

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(Photo by Lars Baron/Getty Images)

 

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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