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Bellingham entfesselt: So soll der Ex-BVB-Star für Real Madrid zaubern

4. August 2023 | Spotlight | BY Damian Ozako

Jude Bellingham ist vom BVB zu Real Madrid gewechselt und hinterlässt dort bislang einen großartigen Eindruck. Unter Carlo Ancelotti könnte der Mittelfeldspieler in neuer Rolle für Furore sorgen.

Bellingham zu Real Madrid: Keine Sekunde zu früh

Es hat absolut niemanden überrascht, dass Jude Bellingham Borussia Dortmund nach der abgelaufenen Saison verlassen hat. Nach insgesamt drei Jahren in Deutschland zog es den jungen Engländer zum Verein mit der weltweit wohl größten Anziehungskraft: Real Madrid.

Im Gegensatz zu vielen anderen Talenten, die in den vergangenen Jahren in schwarzgelb aufliefen, dürften recht wenige Fans anzweifeln, dass Bellingham zu schnell das Weite gesucht hat. Bei so manchem Akteur hat man sich zurecht gedacht, dass ein weiteres Jahr in Dortmund der Entwicklung guttäte. Nicht so bei Bellingham. Im Rekordtempo ist der Mittelfeldspieler, der einst aus der zweiten englischen Liga in die Bundesliga wechselte, dem BVB entwachsen. Der Wechsel zu Real Madrid kam zum perfekten Zeitpunkt.

Und auch die Wahl seiner neuen sportlichen Heimat hätte nicht besser sein können. Lange Zeit schien der Plan recht klar: Paar Jahre in Deutschland Erfahrung sammeln und dann zurück nach England. Doch Bellingham entschied sich anders. Die Optionen in der Premier League passten aus unterschiedlichen Gründen nicht und so wurde aus dem Talent aus Stourbridge der erst sechste Engländer, den die Königlichen unter Vertrag nahmen.

Bellingham hinterlässt guten Eindruck

Was ihn schon beim BVB große Sympathien einbrachte, scheint exakt genauso in der spanischen Hauptstadt zu funktionieren: Bellingham ist ein Spieler, der sich schnell einlebt. Er zeigt eine hohe Lernbereitschaft und brauchte schon als 16-Jähriger beim BVB kaum Anlaufzeit. Es ist gut erkennbar, dass es in Madrid ähnlich abläuft. Mitspieler und Verantwortliche schwärmen von ihm. Er wirkt schon bestens im Team integriert. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so spaßig wird. Ich habe jeden Tag im Training und abseits des Rasens so viel Spaß, die Jungs sind einfach wunderbar“, zeigte sich das Talent begeistert und führte weiter aus: „Sie führen mich, wissen, dass ich jung bin, nehmen mich unter ihre Fittiche. Ich lerne so viel von jedem Spieler[…]. Das klingt jetzt vielleicht kitschig, aber die Mitspieler haben mich vom ersten Tag an sehr gut aufgenommen.“ (Zitat via Real Total)

Ideale Voraussetzungen, um sich auch schnellstmöglich auf dem Platz wohlzufühlen. Und – Überraschung – auch dies ist recht offensichtlich der Fall. Auch abseits seines sehenswerten Premierentreffers für die Königlichen, den er per Lupfer gegen Manchester United erzielte, fiel Bellingham mit etlichen guten Aktionen in den Testspielen auf. Vieles, was man bislang von ihm sehen durfte, erinnerte stark an seine Auftritte im Trikot des BVB und dennoch wird er anders eingesetzt.

„Er ist ein fantastischer Spieler, ein kompletter Achter, der über enorme Intensität verfügt und sich sehr gut ohne Ball bewegt“, erklärte Carlo Ancelotti nach dem Testspielsieg gegen die AC Milan in Los Angeles. Es ist genau jene Rolle, in der Bellingham sich in den Fokus der europäischen Elite spielte. Doch in Dortmund hatte er kaum taktische Fesseln und bewegte sich dadurch im Mittelfeld in fast allen Räumen. Vor allem in der Offensive kamen seine Qualitäten zum Tragen. Trickreich, torgefährlich, gedankenschnell und ein Passspiel, das die Offensive in Dortmund an vielen Tagen glänzen ließ. Sein 64-jähriger Coach sieht das ähnlich und kam zu einem logischen und dennoch leicht überraschenden Fazit: „Für ihn ist die Zehn besser, weil er so näher am Strafraum ist.“ (Zitate via Real Total)

Ancelotti sieht Bellingham auf der Zehn

In der Saisonvorbereitung testete Ancelotti nach dem Abgang von Karim Benzema des Öfteren ein 4-4-2 mit Raute, in der Bellingham den Zehner gab, der sich im Spiel gegen den Ball auch gerne ganz vorne in der Spitze positionierte. Bei seinem Debüttreffer gegen United bewies er, was er den Madrilenen in dieser Rolle geben kann. Sein tolles Raumverständnis und die daraus resultierenden Tiefenläufe können für viele Mannschaften zum Problem werden. Der junge Engländer kann den Ball darüber hinaus aufgrund seiner Physis sehr gut festmachen, seine Gegenspieler im direkten Duell dank seiner Ballbehandlung stehen lassen und seine Mitspieler mit tödlichen Bällen füttern. Hier kommt seine Kreativität toll zur Geltung. Eine Variante mit Bellingham als Halbstürmer wurden ebenfalls von Ancelotti getestet.

In Dortmund durchlebte der 20-Jährige eine für seine Verhältnisse durchwachsene Rückrunde, da ihn über mehrere Monate Knieprobleme plagten. Alle genannten Qualitäten waren zwar noch zu erkennen, aber eben nicht mehr so effektiv, wie man es zuvor von ihm gewohnt war. Im Endspurt der Saison musste er von der Seitenlinie aus zusehen, wie der BVB die Meisterschaft verspielte. Jetzt kann er den Sommer nutzen, um wieder auf ein körperliches Topniveau zu kommen, das für seine intensive Spielanlage notwendig ist. Eben jene Intensität kann Real Madrid gut gebrauchen. Zusammen mit Aurelien Tchouameni und Eduardo Camavinga kann Bellingham dafür sorgen, dass die Altstars Luka Modric und Toni Kroos mehr Verantwortung auf dem Platz abgeben und Kräfte einsparen können.

Woran Bellingham noch arbeiten muss

Aber ebenso kann und muss der 20-Jährige sich einiges von beiden Real-„Opas“ abgucken. In Dortmund brillierte er mitunter im Chaos, was er durch sein wildes Herausrücken und seiner teils viel zu riskanten Positionierung selbst verursachte. Vieles wurde verziehen, weil er am Ende des Tages mit guten Aktionen dennoch viele Punkte für den BVB holte. In Partien auf dem allerhöchsten Niveau, wie z. B. in der Champions League oder in der Bundesliga gegen den FC Bayern, wurde seine Schwächen allerdings nicht selten gnadenlos aufgedeckt.

Vom 37-jährigen Kroaten und dem 33-jährigen Ex-Nationalspieler darf er sich ruhig zeigen lassen, wie man ein Spiel mit einem gefühlten Ruhepuls von 50 dirigiert. Einen kühlen Kopf zu bewahren, auch wenn alles gegen einen läuft, ist wohl die prägende Eigenschaft der Madrilenen der vergangenen Jahre gewesen. Hier muss Bellingham, der seine Mitspielern nicht selten seinen Unmut offen spüren ließ, ebenfalls nachlegen. Starallüren würden in seinem neuen Klub wohl nicht allzu gut ankommen, was allerdings auch nicht wirklich zu erwarten ist.

Ex-BVB: Bellingham zaubert nun für Real Madrid

(Photo by Tim Warner/Getty Images)

Aber – und das kann man nicht oft genug betonen – sprechen wir hier immer noch von einem 20-Jährigen. „Es ist selten, Spieler mit dieser Qualität zu finden. Und es ist selten, diese mit gerade einmal 20 Jahren zu finden. Er hat immer noch Verbesserungsspielraum, aber wir sind glücklich, ihn bei uns zu haben“, brachte es Ancelotti treffend auf den Punkt. Er hat alle Qualitäten, sowohl auf als auch neben dem Platz, um eine Ära zu prägen. Und das bei Real Madrid. Das mag vielleicht für so manchen Fan überschwänglich klingen, aber viele unterschätzen immer noch, wie absurd gut der Mittelfeldspieler beim BVB agierte. Jetzt, mit einem Team, auf das er sich fußballerisch verlassen kann, muss er nicht mehr im Alleingang versuchen, den Tag zu retten. Vielmehr könnte Bellingham von seinem neuen Umfeld noch besser in Szene gesetzt werden.

Vom Alleinunterhalter, der zu viele Aufgaben auf einmal erledigen musste, zur passenden Ergänzung eines Topteams: Man darf gespannt sein, wie schnell es dauert, bis sich auch in der spanischen Hauptstadt alles um ihn drehen wird. Man darf Großes vom Neuzugang erwarten. Die ersten Eindrücke in seiner offensiveren Rolle sind schon enorm vielversprechend. Es dürfte sehr schnell sehr furios werden. Real Madrid hat eine neue Nummer 5, die für Staunen sorgen dürfte.

(Photo by Tim Warner/Getty Images)

Damian Ozako

Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.


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