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Final Whistle: Siege gegen City und Arsenal – wie gut ist Aston Villa?

11. Dezember 2023 | Spotlight | BY Chris McCarthy

Aston Villa ist in der Premier League die Mannschaft der Stunde. Doch wie gut ist das Team von Unai Emery wirklich? Das fragt sich Chris McCarthy in seiner Kolumne „Final Whistle“.

Aston Villa ist die Mannschaft der Stunde

Sieg gegen Manchester City, Sieg gegen den FC Arsenal. Und das binnen 70 Stunden. Keine Zweifel: Aston Villa ist in der Premier League die Mannschaft der Stunde.



Zugegeben, anders als beim 1:0 über City am Mittwoch, hatten die Villains beim 1:0 über die Gunners am Samstag eine große Portion Glück. Die unfassbare Intensität, mit der sie den Meister überrannten – nie zuvor hatte ein Guardiola-Team 20 Abschlüsse weniger als der Gegner – reichte drei Tage später nur für die ersten zehn Minuten. Aber trotzdem für drei Punkte.

Das lag zum einen an der gravierenden Abschlussschwäche Arsenals (kein Tor bei 1,72 xG) und zum anderen an Welttorhüter Emi Martinez. Vor allem aber an der hervorragenden Defensivstruktur, der Disziplin und der Zweikampfstärke, die Unai Emery dieser Mannschaft eingehaucht hat.

Aston Villa kann mitreißenden Offensivfußball spielen. Aston Villa kann aber auch das Spiel des Gegners zerstören. Vor 13 Monaten, als Emery Steven Gerrard ablöste, konnte das Team weder noch, steckte im Abstiegskampf der Premier League. Nun, mit mehr oder weniger dem gleichen Personal, grüßen die Villains vom dritten Platz, zwei Punkte hinter Spitzenreiter Liverpool.

Hat Emery Aston Villa zu einem Titelkandidaten transformiert, wie manche englische Medien behaupten?

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Aston Villa ist kein Titelkandidat, doch was ist mit der Champions League

Nein. Das wäre nach 16 von 38 Spielen eine Überreaktion. Und zwar eine ziemlich unfaire. Denn mit der Qualität, der Tiefe und den finanziellen Möglichkeiten von ManCity, Arsenal und Liverpool kann Aston Villa nicht mithalten.

Das konnte Überraschungsmeister Leicester 2017 doch auch nicht? Stimmt, doch anders als damals ist die Konkurrenz – nämlich die drei Genannten – deutlich stärker und konstanter. Sie werden die ersten drei Plätze unter sich aus machen. Daran habe ich keine Zweifel.

Bleibt noch die Qualifikation zur Champions League, wozu diese Saison Platz fünf reichen könnte. Und das wäre für den Klub aus Birmingham, der laut Emery das Ziel hatte unter die ersten Acht zu kommen, ein unfassbarer Erfolg. Bei 35 Punkten ist die Ausgangslage vielversprechend. Der Kader ist auf allen Positionen gut bis stark besetzt.

Das gilt auf dem Papier zwar auch für Tottenham (30 Punkte) und Manchester United (27 Punkte). Aston Villa hat aber eine akribisch ausgearbeitete Spielphilosophie, die länger entwickelt auch konstant umgesetzt wird – das hat Erik ten Hag nie und Ange Postecoglou noch nicht erreicht. Newcastle und Brighton (je 26) allerdings schon, dafür gibt es bei diesen beiden Klubs größere Zweifel an der Tiefe und Ausdauer.

Bedeutet also: Wenn Aston Villa sein Level hält, ist die erstmalige Teilnahme an der heutigen Königsklasse alles andere als Wunschdenken. Doch genau darin sehe ich die größte Gefahr. Wieso?

Leon Bailey (l.) und John McGinn (vorne) feiern das 1:0 für Aston Villa gegen Arsenal.

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

Bei allem Respekt: Der Lauf steht auf wackligen Beinen

Unai Emery ist ein fantastischer Trainer. Anders als bei Arsenal oder Paris Saint-Germain – und mehr wie bei Sevilla oder Villarreal – sind Umfeld und Erwartungshaltung bescheidener. Das liegt ihm, darin blüht er auf. Doch bei all dem berechtigten Lob, bleibt bei einem Emery-Klub nicht zum ersten Mal die Frage, wie nachhaltig der aktuelle Lauf ist.

Ja, Aston Villa hat seit Emerys Ankunft die viertmeisten Punkte der Premier League geholt (84). Zur Wahrheit gehört aber auch, dass kein Team in diesem Zeitraum seine „expected Points“ (xPts) derartig überperformt hat wie Villa – nämlich um stolze 19,6 Punkte.

In diesem Fall liegt das nicht an einer tödlichen Offensive, sondern vor allem daran, dass man deutlich weniger Tore kassiert hat als man eigentlich hätte müssen. Sicher, ein Torwart wie Martinez hilft. Doch darauf zu vertrauen, dass die Gegner weiterhin Chancen liegen lassen – erst recht in diesem Ausmaß – wäre ziemlich naiv.

Meist holen die Zahlen einen ein. Und nach xPts wäre Aston Villa aktuell „nur“ Fünfter in der Premier League. Immer noch eine fantastische Leistung, keine Frage. Allerdings nur 0,33 expected Points vor dem FC Chelsea: Tabellen-13. und ein Klub, den nach 16 Spieltagen wohl keiner als Kandidaten für die Champions League, geschweige denn die Meisterschaft zählen würde.

Chris McCarthy

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

 

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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