Spotlight

Anklage gegen Manchester City – Sanktionen, Umfang, Urteil: Die wichtigsten Fragen und Antworten

6. Februar 2023 | Trending | BY Manuel Behlert

Manchester City gelangte am heutigen Montag in die Schlagzeilen, allerdings nicht in positiver Hinsicht. Der englische Klub wurde seitens der Premier League angeklagt, soll gegen zahlreiche finanzielle Richtlinien verstoßen, nicht kooperiert und zudem die Bücher frisiert haben. All das über mehrere Jahre. Doch welche Konsequenzen drohen und wie geht es weiter?

Der Fall Manchester City: Worum geht es überhaupt?

Über viele Jahre hinweg war Manchester City stets einer der Protagonisten auf dem Transfermarkt. Topspieler wurden zu den Skyblues transferiert, der Klub zahlte hohe Gehälter an Spieler und Trainer. Ein Starensemble wuchs zusammen, mit Pep Guardiola kam auch noch der begehrteste Trainer nach Manchester. Nun gerät der Klub aber in den Fokus der Ermittlungen, denn: Die Premier League hat Manchester City nach einer vierjährigen Untersuchung wegen mehrerer mutmaßlicher Verstöße gegen ihre Finanzregeln angeklagt.

Zu Beginn ihrer Erklärung bestätigt die Premier League, dass sie Manchester City „eine Reihe“ (die Rede ist von mindestens 100) Verstöße gegen ihre Finanzregeln vorwirft. Zudem wurde mitgeteilt, dass die Liga den Sachverhalt an eine neutrale Kommission weiterleitet. Diese wird dann selbst untersuchen, welche Verstöße, die in der Anklage hervorgehoben werden, wie zu behandeln sind. Die Anschuldigungen der Premier League haben es in sich, vereinfacht gesagt geht es um die Frisierung der Zahlen.

Die Liga wirft den Verantwortlichen des Klubs vor, unkorrekte Finanzinformationen bereitgestellt zu haben, „insbesondere in Bezug auf ihre Einnahmen, ihre verbundenen Parteien und ihre Betriebskosten“, hieß es in der Mitteilung. Nicht alle Details wurden offen gelegt, die Anklagepunkte könnten aber zum Beispiel bedeuten, dass einem der ehemaligen Manager von City mehr gezahlt wurde als offiziell angegeben.



Natürlich reagierte auch Manchester City. „Der Verein begrüßt die Überprüfung dieser Angelegenheit durch eine unabhängige Kommission, die unparteiisch die umfangreichen unwiderlegbaren Beweise, die seine Position stützen, prüfen soll. Wir freuen uns darauf, dass diese Angelegenheit ein für alle Mal geklärt wird“, lautete ein Statement des Klubs.

Wie verhält sich die Untersuchung im Vergleich zu den UEFA-Emittlungen?

Sowohl die Premier League als auch die UEFA haben nach dem Football-Leaks-Skandal Ermittlungen wegen Finanzdopings eingeleitet, doch die Untersuchung der höchsten englischen Spielklasse ist umfangreicher. Es handelt sich um einen größeren Zeitraum als bei den Vorwürfen des Spiegels im November 2018, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass City bei den anschließenden Ermittlungen offenbar nicht kooperierte. City hat gegen die Regeln verstoßen, die das Unternehmen dazu verpflichten, „genaue Finanzinformationen zu liefern, die ein wahrheitsgetreues und faires Bild der Finanzlage des Clubs vermitteln“, so die Liga in ihrer Anklageschrift.

Alles rund um die Premier League findet ihr hier 

Im Zuge der UEFA-Ermittlungen wurde Manchester City seinerzeit vom Europapokal ausgeschlossen, setzte sich gegen dieses Urteil aber zur Wehr. Die Skyblues zogen vor den Sportgerichtshof CAS und gewannen damals. Verhängt wurde die Strafe damals offiziell wegen „ernsthafter Verstöße“ gegen die Regeln des Financial Fair Play. Die UEFA bezog sich damals auf einen Zeitraum zwischen 2012 und 2016.

Welche Konsequenzen drohen Manchester City?

Diese Liste ist lang und die Art der möglichen Konsequenzen hängt auch davon ab, welche Anklagepunkte am Ende auch bestätigt werden. Die Regeln der Premier League behalten sich grundsätzlich das Recht vor, City Titel abzuerkennen, Punkte abzuziehen und den Verein möglicherweise sogar aus dem Wettbewerb auszuschließen. Auch Geldstrafen sind selbstredend möglich.

Stephen Taylor Heath, Leiter der Abteilung Sportrecht bei JMW Solicitors, sagte gegenüber dem Telegraph, dass es zum jetzigen Zeitpunkt „unmöglich ist, die Sanktion vorherzusagen“, aber es könnte eine erste Anhörung geben, ob die Vorwürfe aufrechterhalten werden, und dann eine weitere Anhörung über eine mögliche Sanktion. Soviel zum Prozedere.

Manchester City

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Wie schwerwiegend sind die Vorwürfe?

Immens. Es handelt sich, sofern sich die Vorwürfe bewahrheiten, um den größten Finanzskandal in der Geschichte der Premier League. Einen vergleichbaren Fall gab es zuletzt nicht, Experten schätzen die Vorwürfe als deutlich schwerwiegender ein als die seitens der UEFA vor wenigen Jahren. Stefan Borson, Anwalt und ehemaliger Finanzberater von Manchester City, ist der Meinung, der Fall enthalte die „stärksten vorstellbaren Anschuldigungen“ des Finanzdopings. „Ob alarmistisch oder nicht, das schiere Ausmaß der Vorwürfe in der PL ist so groß, dass sie, wenn sie bewiesen werden, zum Abstieg führen müssen“, twitterte er.

Nun, soweit sind wir zwar noch nicht, aber die Sanktionen könnten offenbar drastisch ausfallen. In der Vergangenheit haben große Klubs allerdings oft noch den Kopf aus der Schlinge ziehen können, diese Anschuldigungen haben aber ein neues Ausmaß. Generell gilt, dass eine nachträgliche Aberkennung von Trophäen als eine der Sanktionen gilt, die am schwierigsten durchführbar sind. Zumindest dahingehend droht den Skyblues also offenbar keine Gefahr.

Wann ist mit einem Urteil gegen Manchester City zu rechnen?

Das wird dauern. Möglicherweise sogar sehr lange. Die Premier League benötigte alleine fast vier Jahre, um die angesprochenen Punkte zur Anklage zu bringen. Die unabhängige Kommission wird gewiss schneller arbeiten, gleichzeitig wird aber Manchester City zahlreiche Anwälte in das Rennen schicken, um jegliche Form der Verteidigung in Erwägung zu ziehen. Ein Punktabzug, soviel steht fest, würde jedenfalls für die jeweils laufende Saison gelten. Das heißt auch, dass ein Urteil bis zum Mai fallen müsste, damit Manchester City für die Saison 2022/23 einen Punktabzug erhält.

Das scheint aber unwahrscheinlich zu sein, denn selbst bei einer Verurteilung kann der Klub andere Instanzen bemühen. Allerdings nicht den CAS, das verhindern die Regularien in der Premier League. Es müsste ein Berufungsgremium mit völlig neuen und unbeteiligten Mitgliedern gebildet werden. Beide Seiten könnten eine solche Berufung einlegen.

(Photo by PAUL ELLIS/AFP via Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


Ähnliche Artikel