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Martin Ødegaard – Ein Özil-Nachfolger für den FC Arsenal

31. Januar 2021 | Spotlight | BY Simon Lüttel

Spotlight | Lange Zeit galt Mesut Özil (32) beim FC Arsenal als unverzichtbar, doch in den vergangenen Monaten blieb Mikel Arteta (38) offensichtlich keine andere Wahl, als den Spielmacher nicht mehr zu berücksichtigen. Folglich mangelte es der Offensive des FC Arsenal zuletzt an Kreativität, nun kommt mit Martin Ødegaard (22) ein Kreativspieler, der das Offensivspiel der Gunners beleben soll.

Arsenal zwischen Aufschwung und Kreativitätsproblemen

Der FC Arsenal ist ein Verein mit einer großen Historie, der in seiner 135-jährigen Vereinsgeschichte zahlreiche Erfolge vorweisen kann. Doch es sind nicht nur die gewonnenen Titel, die den Verein zu etwas Besonderem machen, sondern auch die offensive Spielweise, mit der die Gunners über mehrere Dekaden erfolgreichen waren. Arsené Wenger trainierte den Verein länger als zwei Jahrzehnte und feierte mit den Londonern drei Premier-League-Meisterschaften und sieben FA Cup-Siege.

Arséne Wenger (71) prägte den Verein über Jahrzehnte, im Sommer 2018 endete die 22-jährige Amtszeit mit dem Rücktritt des Franzosen. Beim FC Arsenal war ein Strukturwandel von Nöten, denn in den letzten Jahre der Ära Wenger konnten der Verein den eigenen Ansprüchen nicht mehr vollends gerecht werden. Der Spanier Unaí Emery (49) folgte und sollte die nächste Erfolgs-Ära einläuten. Der Ex-PSG-Trainer konnte in seiner Debütsaison zwar das Finale der Europa League erreichen, doch von nachhaltigem Erfolg konnte keine Rede sein. Nach einer Serie von von sieben sieglosen Partien wurde der Wenger-Nachfolger im November 2019 entlassen. Als Interimstrainer übernahm Freddie Ljungberg, ehe es den Verantwortlichen des FC Arsenal in einer denkbar schwierigen Phase gelang mit Mikel Arteta (38) einen Trainer zu verpflichten, der den Verein aus seiner Zeit als Spieler bestens kennt. Erste Praxiserfahrung sammelte Arteta zuvor als Co-Trainer von Pep Guardiola (50) bei Manchester City.

Ballstaffetten und der typische Wengerball ist nicht mehr so häufig zu sehn wie früher. Zwar zeigten die Gunners unter Arteta vielversprechende Ansätze, die an die hohe Spielkunst erinnerten, doch in den vergangenen Monaten zeigte sich die Arsenal-Offensive oftmals Ideenlos und unkreativ. Mit Mesut Özil (32) stand ein Spieler im Kader, der kreative Elemente hätte einbringen können, der aber nicht für die Premier League nominiert wurde.

Mesut Özil – Aus dem Rampenlicht in den Schatten

Als Mesut Özil im Sommer 2013  von Real Madrid zum FC Arsenal wechselte, sorgte das für Feierlichkeiten auf den Straßen Londons. Bei den Königlichen reifte der damals 24-Jährige zum Spielmacher auf Weltklasseniveau, doch es schien, als wäre die Personalie Özil für den neuen Real-Trainer Carlo Ancelotti (61) verzichtbar. So kam es, dass der damalige Transfer des damaligen deutschen Nationalspieler am letzten Tag des Transfersommers innerhalb weniger Stunden abgewickelt wurde. Der Özil-Wechsel zum FC Arsenal ist noch immer einer der größten Transfers, der je am Deadline-Day getätigt wurde.

Die Frage, ob Mesut Özil die 50 Millionen wert sei, die man von London nach Madrid überwies, konnte nach wenigen Monaten beantwortet werden. Der filigrane Spielmacher steuerte in seiner Premier-League-Debütsaison 15 Torbeteiligungen bei, in der zweiten waren es allein 19 Assists und sechs eigene Treffer, die dazu beitrugen, dass die Gunners die Saison als Vizemeister beendete. Dieser zweite Platz war die beste Platzierung, die der FC Arsenal seit der Spielzeit 2004/05 erreichen konnte.

Lange Zeit war Özil eine Konstante im Team des FC Arsenal, doch das sollte sich mit der Zeit ändern. Insbesondere nach der Vertragsverlängerung, die den Spielmacher zum Topverdiener machte, begann der schleichende Abstieg des Edeltechnikers, der am Ende, wie bereits erwähnt, dazu führte, dass Özil nicht einmal mehr für den Kader nominiert wurde.

Offensivschwächen beim FC Arsenal

Die Probleme im Kreativbereich sah man bei Arsenal schon kommen. Im Sommer bemühte man sich unter anderem um Houssem Aouar (22) von Olympique Lyon. Die kreative Lösung konnte allerdings nicht gefunden werden, was sich insbesondere im ersten Teil der Saison auf dem Feld bemerkbar machte. Erst als Emile Smith Rowe das Vertrauen im Kreativzentrum erhielt, wurde es besser. Mit ihm begann der Aufschwung und es reifte die Erkenntnis, im Winter nachlegen zu müssen.

Der Fokus des Londoner Offensivspiels lag in der Spielzeit 2020/21 vermehrt auf dem Flügel. Von den Außenbahnen wurde der Weg in den gegnerischen Strafraum häufig mit Flankenbällen gesucht. Erfolgreich war diese Spielweise nur bedingt. Besonders im direkten Duell mit der Erzrivalen aus Tottenham am 6. Dezember 2020 wurde deutlich, wie ideenlos die Arsenal-Offensive phasenweise agiert. Das englische Medium The Athletic zählte bis zum Abpfiff 44 Flanken, von denen nur neun bei Mitspielern im gegnerischen Strafraum ankamen. Die Gunners verloren das North London Derby trotz 70% Ballbesitz gegen eine effiziente Mourinho-Elf mit 0:2 und schoss dabei nur zweimal auf das Tor von Tottenham-Keeper Hugo Lloris. Während der FC Arsenal mit 20 Gegentoren nach 20 Spieltagen die drittbeste Defensive stellt, ist die Offensive mit 26 Treffern höchstens als durchschnittlich zu beschreiben.

Im Winter zog es Özil zu Fenerbahce, Sead Kolasinac wurde an den FC Schalke 04 verliehen und der Vertrag mit Sokratis wurde aufgelöst. So schaffte man  finanzielle Kapazitäten für Nachjustierungen am Kader der Gunnersi. Artetas Wunsch nach einem Kreativspieler für das offensive Mittelfeld hatte auch fünf Monate später noch Bestand, mit dem Unterschied, dass die Wunschlösung nun nicht mehr Houssem Aouar, sondern Martin Ødegaard hieß.

Martin Ødegaard: Der nächste Schritt für das Toptalent

Die vergangenen Jahre des FC Arsenal glichen einer Achterbahnfahrt und ähnlich war es bei Martin Ødegaard. Im April 2014 wurde der Jungprofi mit 15 Jahren und 117 Tagen der jüngste Debütant der norwegischen Eliteserien. Der Offensivspieler konnte sich in Norwegens höchster Spielklasse behaupten – und das nicht mit physischer Durchsetzungsfähigkeit, sondern mit spielerischer Leichtigkeit. Neben einer exzellenten Technik überzeugte Ødegaard, trotz seines jungen Alters, mit einer erstaunlichen Reife auf dem Spielfeld. Der mediale Fokus, den der Mittelfeldspieler genoss, war groß und spätestens die Nominierung für die norwegische A-Nationalmannschaft im August des selben Jahres sorgte für die Entstehung eines regelrechten Ødegaard-Hypes.

Photo by Denis Doyle/Getty Images

Dem Talent stand damals die gesamte (Fußball-)Welt offen, denn es gab kaum einen europäischen Topclub, der kein Interesse an dem Norweger zeigte. Am 22. Januar 2015 konnte Real Madrid die Verpflichtung des begehrten Talents als perfekt vermelden. Die kolportierte Ablösesumme von 3,5 Millionen Euro fiel angesichts des Hypes noch verhältnismäßig niedrig aus. Der Plan der Madrilenen zufolge, sollte der Kreativspieler langsam ans Profigeschäft herangeführt werden und so kam es, dass Ødegaard zwischen den Profis und der Zweitauswahl der Madrilenen pendelte.

Ödeegard und die nächste Leihe

Die erhofften Fortschritte blieben jedoch vorerst aus und so kam es, dass ein Leihgeschäft die Entwicklung Ødegaard vorantreiben könnten. Bei einer Leihe sollte es nicht bleiben. Erst ging es zum SC Heerenveen, eine Saison später zu Vitesse Arnheim und zuletzt zu Real Sociedad. Bei der letzten Leihstation nahm Ødegaards Karriere Fahrt auf. Der Norweger wurde auf Anhieb zum Stammspieler und überzeugte mit klassischen Spielmacherqualitäten wie einer sauberen Technik, starker Übersicht und einer gewissen Unberechenbarkeit.

Die Königlichen beendeten die Leihe auf Wunsch von Cheftrainer Zinedine Zidane (48) im vergangenen Sommer bereits ein Jahr als ursprünglich vereinabart, in der Hoffnung, dass der Norweger auch bei Real Madrid zum Schlüsselspieler werden könnte – doch so kam es nicht.

Zinédine Zidane bei Real Madrid

(Photo by GABRIEL BOUYS / AFP)

In der Spielzeit 2020/21 absolvierte Ødegaard kein Spiel über 90 Minuten für Real Madrid, was nicht nur darauf zurückzuführen ist, dass der 22-Jährige aufgrund kleinerer Muskelverletzungen einige Trainingseinheiten und Partien verpasste. Lediglich sieben Partien waren es, in denen der Norweger zum Einsatz kam. Eine Partie über die volle Spielzeit absolvierte Ødegaard nicht. Zidane wechselte ihn viermal ein- und dreimal aus. Dass das Verhältnis zwischen Zidane und dem talentierten Offensivspieler weiterhin kompliziert ist, liegt auf der Hand. In der vergangenen Woche vermeldete die Marca exklusiv, dass Martin Ødegaard die Vereinsantwortlichen darum gebeten haben soll, den Verein temporär verlassen zu dürfen. Innerhalb kürzester Zeit bewahrheitete sich der Bericht.

Martin Ødegaard als Hoffnungsträger

Wäre es nach den Verantwortlichen von Real Sociedad gegangen, hätte Ødegaard den Rest der Saison in San Sebastian verbracht. Unmittelbar nachdem Bekannt wurde, dass der Norweger einen Abschied forciert meldete sich jedoch Mikel Arteta telefonisch bei dem Spielmacher, stellte ihm seine Pläne vor und überzeugte ihn schlussendlich in den kommenden Monaten für den FC Arsenal aufzulaufen. Auf der Homepage der Londoner bestätigte Ødegaard, dass das Gespräch entscheidend für die Entscheidung war.

Mit Martin Ødegaard bekommt Arsenal nun den Kreativspieler, den sich Mikel Arteta und viele Fans bereits im vergangenen Sommer wünschten. Dass der Norweger beim Tabellenelften der Premier League schon in den nächsten Spielen zu Einsatzminuten kommt, gilt als höchstwahrscheinlich. Zuletzt spielte der FC Arsenal in einer 4-2-3-1-Anordnung , die Zehnerposition ist in dieser Formation wie prädestiniert für den 22-Jährigen. Der ebenfalls talentierte Emilie Smith-Rowe zeigte in den vergangenen Wochen vielversprechende Ansätze im offensiven Mittelfeldzentrum, doch nun kommt mit Martin Ødegaard ein Konkurrent, der das Offensivspiel des FC Arsenal auf ein neues Niveau heben könnte.

Szenarien, in denen Martin Ødegaard über den 30. Juni 2021 hinaus für den FC Arsenal aufläuft, sind durchaus vorstellbar. Sollte der Norweger sich im Norden Londons wohlfühlen und Zinedine Zidane weiterhin das Amt des Cheftrainers bei den Königlichen über das Saisonende hinaus innehaben, wäre es naheliegend, dass die Arsenal-Verantwortlichen sich um eine feste Verpflichtung des Norwegers bemühen. Am gestrigen Samstag im Spiel gegen Manchester United, feierte der Offensivspieler zumindest schon einmal sein Debüt und sammelte rund zehn Minuten Spielpraxis.

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(Photo by Andy Rain – Pool/Getty Images)


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