Ohne die zum Teil atemberaubenden Paraden ihres Schlussmanns würde sich die polnische WM-Delegation wohl bereits wieder auf dem Heimweg befinden. Der 1,96 m große Wojciech Szczesny hielt in den Vorrunden-Begegnungen gegen Mexiko (0:0) und Saudi-Arabien (2:0) gleich zweimal die Null fest. Auch bei der abschließenden Pleite gegen Argentinien (0:2) war es den Fähigkeiten des gebürtigen Warschauers zu verdanken, dass die Mannschaft von Trainer Czeslaw Michniewicz (52) keine höhere Niederlage hinnehmen musste und somit das Achtelfinal-Ticket (gegen Frankreich) buchen konnte. Summiert sind in allen drei Partien der Gruppenphase sagenhafte 56 Paraden (!) für den Torhüter von Juventus Turin notiert.
Für den italienischen Rekordmeister ist Szczesny seit 2017 aktiv (Vertrag bis 2024). Bei seiner zweiten WM-Teilnahme nach 2018 vollbrachte der 32-Jährige das Kunststück, gleich zwei Elfmeter zu parieren. Sowohl Superstar Lionel Messi als auch Salem Al-Dawsari brachte der Keeper zur Verzweiflung. Im Nachgang des saudi-arabischen Strafstoßes bewies er zudem seine überwältigende Reaktionsschnelligkeit und konnte auch Mohammed Al-Burayks Nachschuss heldenhaft abwehren. Seine Reflexe auf der Linie und die Stärke bei 1-gegen-1-Duellen machen den polnischen Torwart zu einem fast fehlerfreien Gesamtpaket. Einzig der verursachte, wenngleich diskutable Elfmeter gegen Argentinien, in dessen Vorlauf er mit einem unorthodoxen Herauslaufen Messi zu Fall brachte, schmälert die Bilanz ein wenig.
(Photo by Richard Heathcote/Getty Images)
Sergino Dest (22 Jahre/ Nation: USA/ Verein: AC Mailand)
Die AC Milan wird derzeit tief durchatmen, sich eine Kaufoption in Höhe von 20 Millionen Euro für Sergino Dest beim Leih-Deal mit dem FC Barcelona im vergangenen Sommer gesichert zu haben. Dank seiner ausnahmslos starken Vorstellungen bei der WM 2022 hat der US-Amerikaner seinen Marktwert folgerichtig deutlich gesteigert. Bei den Katalanen kam der 22-jährige Shootingstar in zwei Jahren nicht über vielversprechende Ansätze hinaus. Nun wird man sich rund um das Camp Nou fragen, warum man diesen hoch veranlagten, gebürtigen Niederländer nicht entsprechend langfristig gefördert hat. Im entscheidenden Vorrunden-Duell gegen den Iran (1:0) bereitete der flinke Rechtsverteidiger Christian Pulisics Siegtreffer mustergültig per Kopf vor. Seine temporeichen Flankenläufe sorgten überdies für viel Entlastung im Spiel der „Soccer Boys“ und anerkennendes Kopfnicken der ZuschauerInnen.
Dass der 1,71 m große Dribbelkünstler über einen unglaublichen Offensivdrang verfügt, ist für KennerInnen der Szene allerdings wenig verwunderlich. Vielmehr wurde in den letzten Monaten wiederholt offenbart, dass er durch seine risikoreiche Spielweise die defensiven Aufgabenstellungen vernachlässigt. Auch bei der diesjährigen globalen Fußball-Endrunde wird diese These von durchschnittlich lediglich 38 % gewonnener Zweikämpfe belegt. Jedoch gewann der schmächtige Außenverteidiger in der Gruppenphase am Persischen Golf die entscheidenden direkten Duelle. In der berühmten Ajax-Akademie hat sich Dest zudem ein exorbitant sicheres Passspiel angeeignet (89,4 % angekommene Pässe während der WM-Partien in Katar). Beim 22-fachen Nationalspieler bleibt während der KO-Phase abzuwarten, wie er sich gegen noch stärkere Gegner schlägt.
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Kalidou Koulibaly (31 Jahre/ Nation: Senegal/ Verein: FC Chelsea)
In der 70. Minute des letzten Gruppenspiels zwischen dem Senegal und Ecuador (2:1) brachen in Dakar und Umgebung alle Dämme. Der bei Chelsea spielende Innenverteidiger Kalidou Koulibaly hatte soeben durch seinen Treffer zum 2:1 die Tür zum Achtelfinale für die Westafrikaner geöffnet. Ein ganzes Land befand sich nunmehr im kollektiven Ausnahmezustand. Zum erst zweiten Mal nach 2002 (damals Viertelfinale-Aus gegen die Türkei (0:1)) erreichten die „Löwen der Teranga“ die KO-Phase einer WM. Koulibaly, der Mann von Premier-League-Klub FC Chelsea (Vertrag bis 2026), war in vielerlei Hinsicht maßgebend für diesen Erfolg. Stellvertretend steht da in erster Linie das Tor gegen die Südamerikaner. Nach einem Freistoß landete der Ball etwas zufällig beim 1,86 m großen Abwehrrecken. Diese Möglichkeit ließ er sich nicht entgehen und nagelte das Spielgerät mit voller Leidenschaft aus kurzer Distanz ins Gehäuse.
Doch das eigentliche Kerngebiet des 31-Jährigen ist und bleibt die Defensive. Diese Aufgabe erledigt der 67-fache Nationalspieler seines Landes seit Jahren derart eindrucksvoll, dass der Champions-League-Sieger von 2021 im vergangenen Sommer 38 Millionen Euro für seine Dienste an den SSC Neapel zahlte. Auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar überzeugte er im Team von Trainer Aliou Cissé mit seiner körperlichen Robustheit, Willens- und Zweikampfstärke. Zum Beleg gewann Koulibaly während der Gruppenphase über 65 % seiner direkten Duelle und hatte im Durchschnitt 8,3 klärende Aktionen pro Partie. Aufgrund seiner vorhandenen Schnelligkeit war am zumeist konzentrierten Senegalesen kaum ein Vorbeikommen. Auch in die Offensive seiner Mannschaft schaltete sich der Abwehrspieler mit kurzen, progressiven Pässen immer wieder effektiv ein (80 % angekommene Pässe).
Jordi Alba (33 Jahre/ Nation: Spanien/ Verein: FC Barcelona)
Beim katalanischen Traditionsklub FC Barcelona, für den er seit 2012 die Schuhe schnürt, auf dem Abstellgleis, aber in der spanischen Nationalmannschaft unverzichtbar. So lässt sich das Schicksal des Linksverteidigers Jordi Alba treffend zusammenfassen. Warum der Trainer der „Furia Roja“, Luis Enrique (52), immer noch große Stücke auf den erfahrenen Akteur hält, hat dieser während der Gruppenphase der WM 2022 eindrucksvoll belegt. Drei Torvorlagen – zwei gegen Costa Rica (7:0) und eine gegen Deutschland (1:1) – sind für einen Defensivspieler eine herausragende Quote. Das gilt in gleicher Weise auch für die positive Zweikampfquote des 33-Jährigen (über 60 % gewonnene direkte Duelle). Insbesondere in diesem vermeintlichen Problemfeld – dem konsequenten Abwehrverhalten – präsentierte sich Alba während der Vorrunde in bestechender Form. Dabei agierte er zumeist fair (durchschnittlich nur ein Foul pro Partie).
Ein Beleg für seine Fähigkeit, sogenannte „Key-Passes“ zu spielen, ist das 1:0 gegen Deutschland. In dieser Szene wurde der Außenverteidiger von Thilo Kehrer nicht unter Druck gesetzt und lieferte ein präzises Zuspiel vom linken Flügel in den gefährlichen Raum zwischen Torwart Manuel Neuer und Defensivakteur Niklas Süle, welches Mittelstürmer Alvaro Morata eiskalt verwertete. Aufgrund der fußballerischen Ausbildung in der Barca-Akademie La Masia hat der 1,70 m große Alba eine herausragende Qualität im Passspiel – 91,9 % fanden in den Spielen am Persischen Golf seine Mannschaftskollegen – und kann Bälle auch unter Gegnerdruck halten. Auffällig: Der 89-fache Auswahlspieler der „Seleccion“ wurde in allen Begegnungen der WM-Gruppenphase vorzeitig vom Feld genommen oder eingewechselt (gegen Japan). Ob dies altersbedingten Gründen, fehlender Frische oder schlicht dem laufintensiven Spiel geschuldet ist, lässt sich noch nicht final beantworten.
Mittelfeld:
(Photo by Clive Brunskill/Getty Images)
Casemiro (30 Jahre/ Nation: Brasilien/ Verein: Manchester United)
Im Sommer 2022 wurde der fünffache Champions-League-Sieger Casemiro zum Auslaufmodell auserkoren. Sein Herzensverein Real Madrid, für den er, mit Unterbrechung in Form einer einjährigen Leihe zum FC Porto, acht Jahre die Schuhe schnürte, hatte sich einen Generationswechsel auf die Fahnen geschrieben und verkaufte den Brasilianer recht überraschend für knapp 70 Millionen Euro an Manchester United. Dass der defensive Mittelfeldspieler noch längst nicht zum alten Eisen zählt, zeigte er in den Tagen der WM-Gruppenphase. Am offensichtlichsten wurde dies durch seinen goldenen 1:0-Siegtreffer gegen die Schweiz, als er mit einem satten Vollspannschuss Torhüter Yann Sommer kurz vor Ende des Aufeinandertreffens überwand. Tore erzielen gehört sonst eigentlich nicht zum Kerngebiet des 30-Jährigen. Vielmehr macht ihn seine vermeintliche Unauffälligkeit respektive Zuverlässigkeit so wertvoll für das Team von Chefcoach Tite (61).
Casemiro ist, im Gegensatz etwa zu einem Neymar Jr., kein extrovertierter Lautsprecher, wenngleich sein Wort in der brasilianischen Kabine durchaus Gehör findet. Diesen Respekt hat sich der 1,85 m große defensive Abräumer durch starke Auftritte und zahlreiche Titel in der Vergangenheit erworben. Mit ihm in der Startelf kassierte die Selecao beim Turnier im Nahen Osten keinen Gegentreffer. Faktoren dafür sind zum einen die hohe Passgenauigkeit des Routiniers (85 % angekommene Zuspiele) und zum anderen vor allem dessen unglaubliche Defensivqualitäten. Durchschnittlich 2,5 abgefangene Bälle im gefährlichen Raum sind ein herausragender Wert bei dieser WM. Der Südamerikaner schafft es durch präzise Seitenverlagerungen permanent Chancen zu initiieren. Seine gemeinhin bekannte, größte Stärke im Luft- wie Bodenzweikampf offenbarte der Premier-League-Akteur auch in den Spielen in Katar (über 50 % der Duelle gewonnen).
Sofyan Amrabat (26 Jahre/ Nation: Marokko/ Verein: AC Florenz)
Die marokkanischen „Atlas-Löwen“ waren eine der positivsten Überraschungen der WM-Vorrunde. Gruppensieger ohne Niederlage, nur ein Gegentor und die ambitionierten europäischen Schwergewichte Belgien respektive Kroatien in die Schranken verwiesen. Aus dem Team von Trainer Walid Regragui (47) stach ein Protagonist besonders hervor und ist zugleich die Überraschung in dieser Auflistung – Sofyan Amrabat. Der defensive Mittelfeldspieler in Diensten der AC Florenz (Vertrag bis 2024) fungierte als unermüdlicher Staubsauger vor der Abwehrkette. Mit seiner giftigen, aggressiven Gangart konnte er unter anderem den Virtuosen Luka Modric und Kevin De Bruyne die Lust am Spiel nehmen. Dass Statistiken täuschen können, belegt die Zweikampfbilanz des gebürtigen Niederländers. Durchschnittlich entschied der 26-Jährige nur 38 % der direkten Duelle für sich, jedoch zumeist die wichtigen.
Der 42-fache Nationalspieler des nordafrikanischen Landes überzeugte in der Vorrunde mit einer hohen Passgenauigkeit und -schärfe (88,7 % angekommene Pässe). Als sinnbildlich für das fußballerische Repertoire des Rechtsfußes kann eine Szene aus dem WM-Duell mit Vize-Weltmeister Kroatien (0:0) bezeichnet werden. Mit einer heldenhaften Rettungsaktion auf der Torlinie verhinderte Amrabat einen scheinbar sicheren Treffer des Innenverteidigers Dejan Lovren. Manchmal fehlt es ihm noch an letzter Disziplin und er agiert zu stürmisch im Pressingverhalten (2,7 Fouls pro Partie am Persischen Golf).
Enzo Fernandez (21 Jahre/ Nation: Argentinien/ Verein: Benfica Lissabon)
Wenn der geneigte Fußballfan diverse Ones-to-Watch-Listen im Vorfeld der WM 2022 in Katar überflog, war ein Name besonders en vogue: Enzo Fernandez. Der Argentinier, seit Sommer für Benfica Lissabon aktiv und vertraglich bis 2027 gebunden, wurde diesen Vorschusslorbeeren überaus gerechnet und entwickelte sich im Laufe der Gruppenphase zu einem Leistungsträger der „Albiceleste“. Wenn auch nur im abschließenden Spiel gegen Polen (2:0), bei dem der zentrale Mittelfeldakteur direkt einen Assist beisteuerte, von Beginn an auf dem Rasen, sorgte die Präsenz und Antizipationsfähigkeit des 21-Jährigen stets für einen „Game Changing Moment“. Beim Sieg über Mexiko (2:0) gelang ihm mit dem späten 2:0 nicht nur die Vorentscheidung, sondern gleichzeitig auch sein erster Treffer im Dress der Südamerikaner.
In seinen Aktionen wirkte der 1,78 m große Fernandez sehr konzentriert und pressingresistent. Mit Fouls musste sich der begnadete Rechtsfuß nur selten behelfen (0,7 pro WM-Partie). Seine sicheren, kurzen Pässe (87,9 % angekommen) gaben der Mannschaft von Trainer Lionel Scaloni (44) in heiklen Situationen viel Ruhe und Selbstvertrauen. Gegen Polen glückte dem sechsfachen Auswahlspieler Argentiniens, der in der River-Plate-Akademie ausgebildet wurde, das Kunststück einer makellosen Zweikampfbilanz. Auch darüber hinaus lassen sich durchschnittlich 75 % gewonnene direkte Duelle ebenfalls sehen. Die Ausstiegsklausel in seinem Benfica-Kontrakt beträgt 120 Millionen Euro – bereits jetzt wird er mit Spitzenklubs wie Real Madrid oder dem FC Barcelona in Verbindung gebracht.
Bruno Fernandes (28 Jahre/ Nation: Portugal/ Verein: Manchester United)
Aufgrund der komfortablen Ausgangssituation der Portugiesen durfte Bruno Fernandes am letzten Spieltag gegen Südkorea (1:2) seine Kräfte schonen. Dennoch stand die Nominierung ins Team der Gruppenphase beim Mann von Manchester United nicht ernsthaft zur Debatte. Zu stark waren seine beiden Auftritte und lesen sich die individuellen Statistiken. Seit seinem Wechsel im Januar 2020 für 63 Millionen Euro von Sporting Lissabon zu den Red Devils hat sich der offensive Mittelfeldspieler zu einem der herausragenden Akteure der englischen Premier League aufgeschwungen. Auch beim Turnier in Katar zeigte der 28-Jährige seine einzigartigen Qualitäten. Mit zwei Toren und zwei Assists gehört er zu den Top-Scorern der Vorrunde. Beinahe wäre die Bilanz um einen Treffer reduziert worden, doch das 1:0 gegen Uruguay war – trotz Reklamation des portugiesischen Superstars Cristiano Ronaldo – korrekterweise ihm zuzuschreiben.
Den 1,79 m großen Spielgestalter zeichnet eine große Übersicht und die Befähigung zum tödlichen (Schnittstellen-)Pass aus. Genau diese angeborene Genialität zeigte er in der ersten WM-Partie Portugals gegen Ghana (3:2), als er Mannschaftskamerad Joao Felix mit vollendeter Präzision vor dem 2:1 der „Selecao“ gekonnt in Szene setzte. 88,9 % seiner Pässe brachte der technisch überaus versierte 51-fache Nationalspieler in den zwei Begegnungen zum anvisierten Ziel. Für einen offensiv denkenden Fußballer gewinnt er auffällig viele direkte Zweikämpfe (50 %). Eine gewisse Theatralik gehört zu Bruno Fernandes, wie der Fado (portugiesischer Tanzstil; d. Red.) zum Land auf der iberischen Halbinsel.
Angriff:
(Photo by Stu Forster/Getty Images)
Cody Gakpo (23 Jahre/ Nation: Niederlande/ Verein: PSV Eindhoven)
Obwohl der Niederländer Cody Gakpo noch einen Vertrag bis 2026 bei der PSV Eindhoven besitzt, glaubt niemand ernsthaft daran, dass er diesen Kontrakt noch langfristig erfüllen wird. Die WM 2022 in Katar bildet vielmehr eine weitere ideale Schaubühne für den 23-jährigen Shootingstar, um sich für ein Engagement bei einem europäischen Spitzenklub anzubieten. Sein aktueller Verein aus der Philips-Stadt – für den Gakpo in dieser Saison wettbewerbsübergreifend bereits 30 Scorerpunkte sammeln konnte – hat sich wohl mit dem Gedanken abgefunden, das sportliche Tafelsilber demnächst lukrativ zu veräußern. Stark präsentierte sich der offensive Flügelstürmer auch während der Gruppenphase am Persischen Golf. Den Titel „Mister 1:0“ hat er sich auf jeden Fall schon einmal gesichert. Sowohl gegen den Senegal (2:0), Ecuador (1:1) als auch in der abschließenden Partie gegen Gastgeber Katar (2:0) erzielte der 1,87 m große Protagonist den so wichtigen Führungstreffer der „Elftal“. Um dieser Statistik noch die Krone aufzusetzen, gelang ihm kaltschnäuzig jeweils ein Tor per Kopf, Links- und Rechtsschuss (insgesamt nur vier Abschlüsse).
Allein diese Bilanz symbolisiert die Allrounder-Fähigkeiten Gakpos. Kaum eine Schwäche lässt sich aus dem fußballerischen Portfolio des 12-fachen Nationalspielers ableiten. Seine Körpergröße prädestiniert ihn zu Kopfballtreffern, wie beim 1:0 im ersten WM-Gruppenspiel gegen die Westafrikaner. Frenkie de Jongs Flankenball ließ der Mann mit der Nummer 8 auf dem Rücken über seinen Schädel ins senegalesische Gehäuse gleiten. Trotz seiner hochgewachsenen Statur überzeugt der PSV-Akteur mit geschmeidigen Dribblings und einem präzisen Distanzschuss (exemplarisch das 1:0 gegen Ecuador). Besonders gern zieht der antrittsschnelle Rechtsfuß vom linken Flügel ins Zentrum. Wenn es noch Makel im Spiel Gakpos gibt, dann die ausbaufähige Passquote (nur knapp 70 % angekommen) und zeitweilige Auszeiten, in denen er sich wenig bis gar nicht am Geschehen beteiligt.
Kylian Mbappé (23 Jahre/ Nation: Frankreich/ Verein: Paris Saint-Germain)
Die Mission Titelverteidigung steht und fällt bei der „Equipe Tricolore“ mit dem Namen Kylian Mbappé. Insbesondere nach dem verletzungsbedingten Ausfall des Ballon-d’Or-Gewinners Karim Benzema sind alle Augen auf den Offensivspieler von Paris Saint-Germain gerichtet. Zum französischen Hauptstadtklub – vom WM-Gastgeberland Katar alimentiert -wechselte der heute 23-Jährige im Sommer 2018, nachdem er kurz zuvor die Weltmeisterschafts-Trophäe in den Moskauer Himmel des Luschniki-Stadions recken durfte. In seiner PSG-Zeit hat sich der 1,78 m große Mann sportlich zu einem der besten Angreifer des Kontinents gemausert, wenngleich Schlagzeilen zu Themen außerhalb des Rasens ebenfalls zur Tagesordnung gehören.
Bei der aktuellen globalen Fußball-Endrunde am Persischen Golf knüpfte der 62-fache Nationalspieler seines Landes an die bestechenden Leistungen im Verein in dieser Saison an. Obwohl er im letzten WM-Gruppenspiel gegen Tunesien (0:1) erst nach 63 Minuten eingewechselt wurde, sind bereits 16 Torschüsse für den Golden-Boy-Sieger von 2017 notiert. Daraus resultieren bisher drei Treffer – einer gegen Australien (4:1) und zwei enorm wichtige beim 2:1-Sieg über Dänemark. Dass Mbappé aber auch ein Auge für den besser postierten Mitspieler hat, beweist seine Vorlage gegen das Team aus Down Under, als er Olivier Giroud mit einer butterweichen Flanke zum Doppelpack verhalf.
Generell ist der PSG-Akteur nicht der klassische, verwertende Zentrumsstürmer, sondern wird vielmehr polyvalent in Didier Deschamps Mannschaft eingesetzt. Durchschnittlich 70 Ballkontakte pro Partie während der Vorrunden-Begegnungen in Katar sind ein fast schon astronomisch hoher Wert für einen Angreifer. Dank seiner Dribbelstärke und der katapultartigen Antrittsschnelligkeit – mit der er aus der Tiefe des Raumes startet und dann regelmäßig vom Flügel in den Strafraum zieht – ist Mbappé häufig nur mit Fouls zu stoppen (viermal im bisherigen WM-Verlauf).
Vinicius Junior (22 Jahre/ Nation: Brasilien/ Verein: Real Madrid)
Auch wenn Tempodribbler Vinicius Junior bei der WM 2022 in Katar bislang ein eigener Treffer verwehrt blieb, konnte der Mann von Real Madrid seine eindrucksvolle Form der Saison 2022/23 für das Turnier am Persischen Golf konservieren. Immerhin eineinhalb Assists steuerte der 22-Jährige, der als inverser Flügelspieler am liebsten von der linken Seite in die Mitte zieht, im Laufe der Gruppenphase bei. Insbesondere seine gefühlvolle Vorlage auf Mannschaftskollege Richarlison in der Partie gegen Serbien (2:0), die dieser sehenswert per Seitfallzieher verwertete, spiegelt die ganze individuelle Klasse der brasilianischen Frohnatur wider. Der 1,76 m große Virtuose im hochwertig bestückten Aufgebot der Selecao hat während seiner zwei Vorrundeneinsätze – im Aufeinandertreffen mit Kamerun (0:1) wurde er aufgrund von Belastungssteuerung geschont – durchschnittlich drei „Key-Pässe“ gespielt. Diese Statistik belegt, dass Vinicius Juniors Auftreten in den letzten Monaten deutlich progressiver und seriöser geworden ist.
Sobald der amtierende Champions-League-Sieger zu seinen blitzschnellen Finten oder 1-gegen-1-Duellen in den WM-Arenen ansetzte, war er zumeist nur regelwidrig zu stoppen (über drei Fouls pro Begegnung). Seine technische Extraklasse müsste der 18-fache Auswahlspieler Brasiliens allerdings noch effektiver vor dem gegnerischen Tor zur Geltung bringen. Ein mickriger Länderspieltreffer in seiner Karriere ist viel zu wenig, in Anbetracht seiner nahezu grenzenlosen Möglichkeiten. In dieser Hinsicht hat er im Verein in jüngerer Vergangenheit schon massive Fortschritte gemacht. Ob seine Bilanz im Dress der Selecao während der KO-Phase aufgebessert wird, bleibt abzuwarten – für die Erfüllung des großen Weltmeistertraums einer ganzen, fußballverrückten Nation aber von enormer Bedeutung.
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Das Team der Gruppenphase im Überblick:
Szczesny – Dest, Koulibaly, Alba – Casemiro, Fernandez, Amrabat, Bruno Fernandes – Gakpo, Mbappé, Vinicius Junior
Bank: Noppert (Niederlande), Hakimi (Marokko), Rabiot (Frankreich), Shaqiri (Schweiz), Asano (Japan), Morata (Spanien)
(Photo by KENZO TRIBOUILLARD/AFP via Getty Images)